Wiedergeburt aufgekündigt
Wird der 14. Dalai Lama der letzte sein? Zwischen der chinesischen Regierung und dem Dalai Lama ist neuer Streit über Tibet ausgebrochen. Eine Erklärung des im Exil lebenden geistlichen Oberhaupts der Tibeter, nach der die Institution des Dalai Lamas mit ihm enden sollte, hat gereizte Reaktionen bei der chinesischen Regierung hervorgerufen. Der 79 Jahre alte Dalai Lama hat in mehreren Gesprächen mit westlichen Medien klargemacht, dass es nach seiner Auffassung keinen weiteren Dalai Lama mehr geben müsse. Besser sei es, die Institution jetzt, da es einen populären Dalai Lama gebe, enden zu lassen, als darauf zu warten, dass der nächste Dalai Lama ein dummer sei, der oder die sich lächerlich machen würde, sagte der Friedensnobelpreisträger.
Seit dem 12. Jahrhundert gibt es im tibetischen Buddhismus die Tradition der Wiedergeburt der großen Lehrer. Beim Tod eines Dalai Lamas wird nach genau festgeschriebenen Regeln nach einem Kind gesucht, das die Reinkarnation des Verstorbenen ist. Das Kind wird dann im Kloster erzogen und auf seine Aufgaben vorbereitet. Dies ist ein religiöser Prozess, der zuletzt noch im Jahr 1995 bei der Suche der Reinkarnation des Panchen Lamas in Tibet vollzogen wurde.
Zur Indoktrination in die entlegensten Dörfer geschickt
Nun wirft China dem Dalai Lama vor, mit der Ankündigung über ein Ende der Inkarnationslinie die normale Ordnung des tibetischen Buddhismus zu zerstören und die Geschichte zu leugnen. Vor allem aber behauptet sie, dass seit Jahrhunderten der Titel des tibetischen Dalai Lamas von der chinesischen Regierung vergeben würde und zeigt damit, worum es ihr wirklich geht. Nicht um die Bewahrung von tibetischer Religion, sondern um die politische Kontrolle über Tibet. Chinas Herrschaft über Tibet ist seit dem Einmarsch chinesischer Truppen dort unangefochten. Kein Staat der Welt erkennt die tibetische Exilregierung in Indien an. Der Dalai Lama, der im Jahr 1959 nach Indien flüchtete, bleibt aber unbestritten das geistliche Oberhaupt der Tibeter. Es besteht kein Zweifel, dass auch nach mehr als 50 Jahren der kommunistischen Herrschaft in Tibet viele ihn weiterhin als ihr religiöses Oberhaupt verehren und seine Rückkehr wünschen.
Die chinesische Regierung hat mit allen Mitteln versucht, den Einfluss des Dalai Lamas in Tibet auszumerzen, doch ohne Erfolg. Nach der Gewaltherrschaft der Kulturrevolution versuchte sie es mit einer Politik der forcierten Wirtschaftsentwicklung und dem Anschluss an das chinesische Binnenland per Eisenbahn. Gleichzeitig hat sie zuletzt die Kontrolle über Klöster, Mönche und Nonnen verstärkt und Arbeitsgruppen der Partei zur Indoktrination bis in die entlegensten Dörfer geschickt.
Trotzdem haben sich in den vergangenen vier Jahren mehr als 140 Tibeter und Tibeterinnen selbst verbrannt, um gegen die chinesische Herrschaft zu protestieren. Auch auf diese Protestakte hat die chinesische Regierung noch einmal mit einer Verschärfung der Überwachung und der Gesetze reagiert und klassifiziert jetzt sogar Selbstverbrennungen als terroristische Akte und Beihilfe dazu als Verbrechen.
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