Norwegen beugt sich dem Druck Pekings
Stockholm – Der Dalai Lama besucht in der kommenden Woche Norwegen, wo er vor 25 Jahren den Friedensnobelpreis erhielt. Dieses Jubiläum möchte er feiern. Die Regierung in Oslo kann sich aber nicht mit ihm freuen. Weder Ministerpräsident Erna Solberg noch Außenminister Børge Brende wollen das geistige Oberhaupt der Tibeter offiziell empfangen, das sich im Februar noch mit US-Präsident Barack Obama in Washington getroffen hat. Sie beugen sich damit dem Druck Chinas. Wenn der Dalai Lama ein Land besucht, droht Peking der jeweiligen Regierung regelmäßg, ein Treffen werde den gemeinsamen Beziehungen schaden.
Die norwegische Regierung bemüht sich seit einiger Zeit verstärkt darum, das ohnehin schlechte Verhältnis zu China zu verbessern. Die Beziehungen liegen seit 2010 auf Eis, was ebenfalls mit dem Friedensnobelpreis zu tun hat. Das Norwegische Nobelkomitee hat damals den chinesischen Systemkritiker und Bürgerrechtler Liu Xiaobo auszeichnete. Seither straft China das skandinavische Land mit Schweigen, sagt Treffen mit Politikern ab, verweigert norwegischen Würdenträgern Visa. „Die Beziehung zwischen Norwegen und China ist sehr schwach, nahezu nicht existent. Es gab keinen Kontakt seit 2010“, sagte Außenminister Brende am Mittwoch im Parlament. Es würde schwieriger werden, sie wieder zu normalisieren, wenn norwegische Amtsträger den Dalai Lama willkommen hießen. Einige Politiker wird er wohl dennoch treffen, Ketil Kjenseth etwa, dem Vorsitzenden des Tibet-Ausschusses im Parlament, wurde angetragen, ihn für ihr Treffen durch den Hintereingang des Parlaments zu schleusen.
In den norwegischen Medien wird das Thema heftig diskutiert, die Regierung für ihre Entscheidung kritisiert. Die Tageszeitung Verdens Gang hat mehr als tausend Norweger zu dem Thema befragt: Sechs von zehn waren der Meinung, die Regierung solle den Dalai Lama empfangen. Die Hälfte der Befragten fanden es feige, die Begegnung zu vermeiden. „Ich weise Vorwürfe zurück, dies sei feige oder armselig“, werte sich Olemic Thommessen, Präsident des Parlaments, gegen Kritik der Opposition. Er hatte dem Dalai Lama als erster eine Absage erteilt. Wenn Norwegen sich international für Menschenrechte einsetzen wolle, könne es nicht „das Land mit den schlechtesten Beziehungen von allen zu dieser Großmacht sein“, sagt Thommessen mit Blick auf China. Auch wirtschaftliche Intressen dürften eine Rolle spielen: Die Exporte Norwegens nach China waren mit dem Konflikt 2010 ebenfalls eingebrochen.
Silke Bigalke
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